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Prof. Dr. Nikolaus Henkel

DFG-Projekt

 

Erstausgabe: Vergil, 'Aeneis', deutsch von Thomas Murner,
Straßburg 1515

(Förderung durch die DFG, Projektdauer: 08/2013-07/2016)

 

Projektleitung: Prof. Dr. Nikolaus Henkel
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Julia Frick
Hilfskraft: Solvejg Willot

  

Titelbild DFG

       Bildquelle: Digitalisat der
    B
ayerischen Staatsbibliothek,
              VD16 V 1426

Die erste deutsche Übersetzung von Vergils ›Aeneis‹ überhaupt ist die des Franziskaners, promovierten Theologen, Juristen und Poeta laureatus Thomas Murner (1475–1537). Sie „gehört zu den wichtigsten dt. Übersetzungsleistungen des 16. Jhs.“ (Worstbrock, 2011, Sp. 356f.). Ihre kultur- und literarhistorische Bedeutung dokumentiert sich einerseits durch ihre Zugehörigkeit zum Umfeld des Widmungsträgers Kaiser Maximilians I., der, wie Murners Vorwort nachdrücklich betont, als Friedenskaiser seiner Zeit dem Friedenskaiser Augustus gleichkomme, auf den hin Vergil seine ›Aeneis‹ konzipiert habe. Zum andern will Murner in typischem Humanisten-Gestus seine Übersetzung als kulturelle Rettung des großen Werks für die Welt derer verstanden wissen, die keinen Anteil an der lateinischen Bildung haben: Er habe das Werk des großen Vergil von latynschem todt in tütsches leben […] erquicket. Und schließlich hat Murners Übersetzung einen besonderen Wert durch die Wahl der Form, des freien Knittels, wodurch sie sich von den sonst in dieser Zeit üblichen Klassiker-Übersetzungen in Prosa abhebt.

Die im Rahmen des DFG-geförderten Projekts vorgelegte Arbeit löst das langjährige Forschungsdesiderat – eine Edition von Murners Werk – ein. Sie bietet die deutsche ›Aeneis‹ in dem von Murner angezielten historischen Benutzungsmodus: Die Übersetzung ist durchgängig mit Marginalien versehen, die abschnittsweise die Initien der lateinischen Verse bzw. Halbverse der ‚Aeneis‘ enthalten. Ziel dieser Einrichtung ist es, mit Hilfe der deutschen Verse die Lektüre des lateinischen Textes, also ohne Vermittlungsinstanz eines Lehrers bzw. des Lernzusammenhangs einer Schule zu ermöglichen (s. Murners Vorwort, fol. Aiv). Die Ausgabe rekonstruiert die historische, von Murner intendierte Lesesituation: Synoptisch zum Text der Übersetzung wird der lateinische Text von Murners Vorlage wiedergegeben, um auf diese Weise das bilinguale Textstudium zu ermöglichen. Weil Murners ›Aeneis‹-Übersetzung zu den ›ungelesenen‹ Texten der Frühen Neuzeit gehört, greifen die Untersuchungen eine Reihe von Themensegmenten auf, die der Forschung mögliche Richtungen weisen und Wege bahnen können. Sie stellt das geeignete Arbeitsinstrument bereit für die Untersuchung der Übersetzungsstrategien und der frühneuzeitlichen lateinisch-deutschen Bilingualität allgemein.

  

Projektbezogene Publikationen 

Julia Frick: Thomas Murners Aeneis-Übersetzung (1515). Lateinisch-deutsche Edition und Untersuchungen. 2 Bde., Wiesbaden 2019 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, hg. von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 149) [Druck der Diss. Freiburg/Br. 2016; Publikationsförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft].

Julia Frick: The Aeneid woodcuts from Sebastian Brant's Virgil edition (1502) in Thomas Murner's translation of the Aeneid (1515), in: Early Printed Narrative Literature in Western Europe. Conference at the Utrecht University, 24./25. Nov. 2016, ed. by Bart Besamusca / Elisabeth de Bruijn / Frank Willaert, Berlin / Boston 2019, S. 241–271.

Julia Frick / Nikolaus Henkel: Sonderfälle des Sprachtransfers. Lateinische Wortbildungsmuster und Vokabelübersetzungen im Deutschen im frühen Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: athe in palice, athe in anderu sumeuuelicheru stedi. Raum und Sprache. Festschrift für Elvira Glaser zum 65. Geburtstag, hg. von Andreas Nievergelt/Ludwig Rübekeil, unter Mitarbeit von Andi Gredig, Heidelberg 2019 (Germanistische Bibliothek 66), S. 297–230.

Julia Frick: Pluralisierung von Sinn. Obscuritas als textinterpretative Kategorie in Kommentar und Übersetzung der Frühen Neuzeit, in: wildekeit. Spielräume literarischer obscuritas im Mittelalter. Zürcher Kolloquium 2016, hg. von Susanne Köbele / Julia Frick, Stuttgart 2018 (Wolfram-Studien XXV), S. 413–435.

Julia Frick: Vergils Aeneis in deutschen Versen an der Wende zum 17. Jahrhundert, in: Daphnis 36.1 (2018), Sonderheft: Das carmen heroicum 1580-1740. Zur Gattungsgeschichte von Versepos und Lehrgedicht im deutschen Kulturraum, hg. von Uwe M. Korn / Dirk Werle / Katharina Worms, Leiden/Boston 2018, S. 112–142.

Nikolaus Henkel: Vergil lesen. Thomas Murners Aeneis-Übersetzung als Weg zur Lektüre eines lateinischen Klassikers, in: Lehren, Lernen und Bilden. XXIII. Anglo-German Colloquium, Nottingham 2013, hg. von Henrike Lähnemann / Nicola McLelland / Nine Miedema, Tübingen 2017, S. 105–126.

Julia Frick: Renaissance eines antiken Klassikers: Thomas Murners Übersetzung von Vergils Aeneis (1515), in: ZfdA 146.3 (2017), S. 351–368.

Julia Frick: Schriftliche und visuelle argumenta im Nachdruck von Thomas Murners Aeneis-Übersetzung (Worms 1543), in: Mittellateinisches Jahrbuch 52.2 (2017), S. 231–260.

Julia Frick: Vergilrezeption im deutschen Humanismus am Beispiel von Stefan Reichs Bucolica-Übersetzung, in: Humanistische Antikenübersetzung und frühneuzeitliche Poetik in Deutschland (1450-1620), hg. von Regina Toepfer / J. Klaus Kipf / Jörg Robert, Berlin 2017 (Frühe Neuzeit 211), S. 177–194.

Julia Frick: Reflexe des Murnerbildes in diachroner Perspektive. Plädoyer für eine stärkere Beachtung des Phänomens der Mehrsprachigkeit in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texten, in: Euphorion 109 (2015), S. 247–267.

    

 Titelholzschnitt Aeneis.jpg
     Bildquelle: Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
    
Publij Virgilij Maronis Opera, Straßburg: Grüninger 1502
                                  [
VD16 V 1332]
 
 

 

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