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Essaypreis - "Jenseits des Historismus: Die geheime Präsenz des Mittelalters"

Konzept und Organisation: Bent Gebert

 

Preisfrage des Essaywettbewerbs

 
Der Essaypreis setzt sich zum Ziel, Studierende bei der wissenschaftlichen Erforschung mittelalter­licher Kultur zu fördern und besonders originelle Ideen auszuzeichnen. Um den Preis können sich Studierende und Doktoranden mit selbst­ver­fassten, unveröffentlichten Essays bewerben, die folgende Frage beantworten:
 
Inwiefern sind Phänomene des Mittelalters in unserer Gegenwart präsent, die nicht als histo­risch wahrgenommen werden?
 

Prämiert werden die 10 besten Essays mit Buchprei­sen im Gesamtwert von 1700 €. Bei geeigneter Qualität wird zudem die Veröffentlichung der ausgezeichneten Essays im Verlag Rombach in Aussicht gestellt.

 

Thematischer Rahmen der Ausschreibung

Schrumpft die Geschichte? In den Kultur- und Sozial­wissenschaften mehren sich in jüngster Zeit Beobachtungen, denen zufolge sich unser Ver­hältnis zur Vergangenheit seit Ende des 20. Jahr­hunderts global zu verändern beginnt. So ent­deckt etwa die Soziologie in der modernen Be­schleunigungsdynamik und Vervielfältigung so­zialen Wandels die neue Erfahrung einer „Entzeit­lichung der Geschichte“ (Hartmut Rosa). Je weiter die Geltung des „Chronotops des Historis­mus“ schwindet, scheint auch die Grenze zwi­schen Vergangenheit und Gegenwart poröser zu werden: Historischer Abstand, so die Diagnose, löse sich in die Simultaneität einer zunehmend „breiten Gegenwart“ auf (Hans Ulrich Gumbrecht).
Dies hat Folgen auch für unser Verhältnis zum Mittelalter, das in geradezu verwirrenden Mischungen von Historizität und Geschichtslosig­keit die Gegenwart durchzieht. Mittelalterliche Architekturen prägen historische Altstädte heute ebenso wie die ent­historisierte Filmwelt von Harry Potter; religiöse und medizinische Texte mittelal­terlicher Klosterkultur speisen die Re­zepte aktueller Wellness- und Lebenskunst-Rat­geber; Ritter bevölkern neben Fantasy-Avataren die Kampfszenarien von Online-Rollenspielen. In über 30 Städten in Deutschland leben Frauen heute auf Beginenhöfen zusammen – Gemeinschaftsformen, die zwar dem religiösen Leben des 13. Jahrhunderts entstammen, aber nicht zuletzt als emanzipative Wohnprojekte attraktiv sind.
Die moderne Konjunktur von Hörbüchern bringt uns überraschend einem semi-oralen Literaturbe­trieb des Mittelalters nahe, ohne dass derartige Entwicklungen jedoch als ›Rückkehr zum Mittelal­ter‹ erlebt würden. An die Stelle von Fortschritts­erwartungen in Rich­tung einer entwicklungsoffe­nen Zukunft treten in Literatur, Film und wissen­schaftlichen Prognosen wieder zunehmend apo­kalyptische Szenarien – auch darin kehren Struk­turaspekte des Mittelalters überraschend wieder, auch wenn religiöse End­zeitvorstellungen längst durch ökologische oder demographische Katast­rophen ersetzt sind. Phä­nomene dieser Art schei­nen die historische Mar­kierung des Mittelalters in unserer Gegenwart auf irritierende Weise zu un­terlaufen. Kann die „Gleichzeitigkeit des Ungleich­zeitigen“ als Grund­zug neuzeitlicher Geschichts­erfahrung betrachtet werden (Reinhart Ko­selleck), so scheinen sol­che Mischungen das Mittelalter in noch funda­mentalerer Weise der ge­schichtlichen Ordnung zu entziehen. Den Stellenwert dieser Phänomene für historische bzw. nicht-historische Wahrnehmung näher zu bestimmen, ist Ziel des Essaypreises.

 

genannte Literatur:
 
  • Hans Ulrich Gumbrecht: Unsere breite Gegenwart, übers. von Frank Born, Frankfurt a.M. 2010 (Edition Suhrkamp 2627).
  • Reinhart Koselleck: ›Neuzeit‹. Zur Semantik moderner Bewegungsbegriffe, in: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a.M. 1989 (stw 757), S. 300-348.
  • Hartmut Rosa: Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Frankfurt a.M. 2005 (stw 1760).
  • Hartmut Rosa: Modernisierung als soziale Beschleunigung. Kontinuierliche Steigerungsdynamik und kulturelle Diskontinuität, in: Kulturen der Moderne. Soziologische Perspektiven der Gegenwart, hg. von Thorsten Bonacker und Andreas Reckwitz, Frankfurt a.M./New York 2007, S. 140-172

 

Teilnahmebedingungen

Angenommen werden Essays in deutscher oder englischer Sprache im Umfang von bis zu 55.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen), die bis zum 10. Oktober 2012 bei Bent Gebert (per Email: bent.gebert@germanistik.uni-freiburg.de; postalisch: Deutsches Seminar der Uni­versität Freiburg, Platz der Universität 3, 79085 Frei­burg) zusammen mit einem aktuellen Immatrikulati­onsnachweis eingesandt werden. Mit der Einsen­dung erklärt sich jede/-r Teilnehmer/-in bereit, dass der eingereichte Essay gegebenenfalls veröffentlicht wird. Pro Teilnehmer/in kann nur ein Essay einge­reicht werden.
Der Jury für den Essaypreis gehören Wissenschaft­ler/-innen des Mittelalterzentrums der Universität Freiburg an. Die Jury behält sich vor, den Preis nicht oder nicht für alle Plätze zu vergeben.  
 
 

Sponsoren

Der Essaypreis verdankt sich der großzügigen Un­terstützung durch die Verlage de Gruyter, Reclam, Akademie und Rombach.
 

Kontakt

Bent Gebert (Initiator des Wettbewerbs)
 
 Deutsches Seminar – Germanistische Mediävistik
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Platz der Universität 3
D-79085 Freiburg i.Br.
 

 

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